Die Bewältigung von Distanz stellt eine bedeutende Herausforderung für die hybride Zusammenarbeit dar. In diesem Blogartikel erfahren Sie, wie Sie trotz räumlicher Trennung Nähe und Zusammenhalt schaffen und so erfolgreich hybride Teams führen können.
Welche Vor- und Nachteile bringt hybrides Arbeiten?
Eine repräsentative Umfrage des KOFA (Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung), einem Projekt im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)*1 zeigt, dass das hybride Arbeiten in den Unternehmen sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich bringt.
Zu den positiven Folgen der hybriden Arbeitsweise zählt für knapp die Hälfte der Unternehmen (48,4 Prozent) ein Anstieg der Arbeitgeberattraktivität. Dies kann nicht nur dazu beitragen, neue Talente zu gewinnen, sondern auch dazu beitragen, bestehende Mitarbeiter stärker an das Unternehmen zu binden. Ein weiterer positiver Effekt der hybriden Arbeitsweise ist für 39,5 Prozent der Unternehmen eine gesteigerte Flexibilität des Unternehmens. Insgesamt 38,1 Prozent der Unternehmen sehen, dass die Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeiter angestiegen ist. Für 28,6 Prozent der Unternehmen sind zudem die Möglichkeiten zur Sicherung von Fachkräften gestiegen, sei es durch die Einstellung neuer Fachkräfte oder die Ausweitung der Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten.
Die neuen hybriden Arbeitsformen können Unternehmen aber auch vor Herausforderungen stellen. Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen (52,3 Prozent) gibt an, dass die Anforderungen an Führungskräfte aufgrund hybrider Arbeit gestiegen sind, weil digitales Führen erst erlernt und eingeübt werden muss. Hierbei geht es vor allem darum, Empathie und informellen Austausch im digitalen Raum zu pflegen und gleichzeitig die Selbstorganisation im Team zu fördern. Führungskräfte müssen darüber hinaus sicherstellen, dass die Mitarbeitenden unabhängig vom Standort gleiche Chancen haben.
Zudem berichten mehr als ein Drittel der Unternehmen (35,9 Prozent), dass die individuelle Arbeitsleistung durch hybrides Arbeiten weniger sichtbar ist, was eine Anpassung der Leistungsbewertungskriterien und Kennzahlen erfordert.
Über die Hälfte der Unternehmen (55,2 Prozent) äußert Bedenken, dass der Teamgeist unter dem hybriden Arbeiten leiden könnte, da der persönliche und informelle Austausch fehlt. Ebenso besteht die Sorge, dass der Wissenstransfer und das Networking innerhalb des Unternehmens (35,5 Prozent) abnehmen könnten.
In der hybriden Zusammenarbeit entstehen Teamzusammenhalt und Teamgefühl nicht von allein
Die aktuelle „EY-Jobstudie: Karriere“*2 zeigt, dass sich nur noch 13 Prozent der Befragten mit ihrem Unternehmen „sehr eng“ verbunden fühlen – ein neues Rekordtief. Zum Vergleich: 2017 sagte noch jede bzw. jeder dritte Beschäftigte (34 Prozent), dass er eine sehr enge Verbundenheit zu seinem Arbeitgeber spüre. Wichtiger Faktor ist dabei ist ein gutes Betriebsklima und ein kollegiales Umfeld. Der Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen und Freundschaften, die geknüpft werden, spielen dabei eine große Rolle.
Die Bewältigung von Distanz stellt hier eine bedeutende Herausforderung dar. In standortgebundenen Teams haben die Teammitglieder den Vorteil regelmäßiger persönlicher Interaktionen, da sie in denselben Räumlichkeiten arbeiten. Dies ermöglicht informelle Kommunikation und fördert die Entwicklung von gemeinsamen Ritualen wie gemeinsamen Kaffeepausen oder Mittagessen. Dadurch entsteht Zugehörigkeitsgefühl, auch ohne dass die Führungskraft bewusst etwas dafür tun muss.
In der hybriden Zusammenarbeit entstehen Teamzusammenhalt und Teamgefühl jedoch nicht von allein. Sie sind jedoch von entscheidender Bedeutung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.
Ähnlich schwierig ist es, eine einheitliche Unternehmenskultur zu bewahren und sicherzustellen, dass alle Teammitglieder die Unternehmenswerte und -ziele teilen, wenn sie an verschiedenen Orten arbeiten.
Zudem müssen Führungskräfte sicherstellen, dass alle Mitarbeitenden am Standort und im Homeoffice gleichermaßen informiert sind und sich gehört fühlen.
Welche Möglichkeiten haben Führungskräfte Teamzusammenhalt und Teamgefühl auf Distanz zu schaffen?
Die vier Hauptfaktoren, um Mitarbeitende in hybriden Teams glücklich zu machen
Jeder Mensch wird von etwas angetrieben. Aber was ist es, wonach Menschen streben? Neben den Grundbedürfnissen wie Nahrung, Schlaf, Kleidung und Schutz, die das gesunde Überleben des Menschen sichern, gibt es weitere Bedürfnisse, die dazu führen, dass Menschen sich glücklich fühlen. Diese Wünsche und Bedürfnisse sind hier in den vier Hauptfaktoren Ratio, Dominanz, Soziale Beziehung und Stimulanz zusammengefasst.
Da jeder Mensch unterschiedlich tickt, ist es als Führungskraft wichtig, für jeden Mitarbeiter zu prüfen, welcher Faktor bzw. welche Faktoren besonders stark ausgeprägt sind. Es sollte allerdings kein Faktor komplett außer Acht gelassen werden.
Die vier Faktoren zu bedienen und damit die Wünsche/Bedürfnisse der Mitarbeitenden zu erfüllen ist die Anleitung, um Mitarbeitende auch auf Distanz glücklich zu machen.
Die Ratio umfasst den Wunsch nach festen Strukturen, Planbarkeit, Regelungen an die man sich halten kann und das Bedürfnis, Situationen verstehen und kontrollieren zu können.
Dominanz zielt darauf ab, sich durchzusetzen, den eigenen Status zu verbessern und die eigene Selbstwirksamkeit zu erhöhen. Sie umfasst auch das Bedürfnis nach Anerkennung, Wertschätzung und Erfolg.
Die Soziale Beziehung ist zweifellos die stärkste Kraft im Gehirn. Sie lässt uns nach sozialer Verbundenheit, nach Harmonie und Sicherheit streben. Vergleichbar mit einer Waage braucht es als Gegengewicht zu einer starken Distanz in der Zusammenarbeit mehr Menschlichkeit. Für Führungskräfte bedeutet dies bei viel Distanz in der Zusammenarbeit mehr Wert auf soziale Beziehungen zu legen.
Unser Gehirn liebt Stimulanz. Sie beflügelt uns dazu, neues zu entdecken, neue Fähigkeiten zu erlernen und Spaß zu erleben. Sie umfasst auch das Bedürfnis Kreativität auszuleben und dem Leben sowie der Arbeit einen Sinn zu geben.
Soziale Beziehung stärken um Nähe trotz Distanz zu fördern
Eingangs dieses Beitrags haben wir in der Studie des KOFA festgestellt, dass über die Hälfte der befragten Unternehmen (55,2 Prozent) Bedenken äußert, dass der Teamgeist unter dem hybriden Arbeiten leiden könnte, da der persönliche und informelle Austausch fehlt. Zudem hat die EY Studie herausgefunden, dass sich nur noch 13 Prozent der Befragten mit ihrem Unternehmen „sehr eng“ verbunden fühlen.
In diesem Beitrag gehen wir lediglich auf den Faktor der sozialen Beziehung weiter ein und geben Ihnen ein paar praktische Tipps an die Hand.
Vor ca. zwei Millionen Jahren betrat eine frühe Form des Menschen die Bühne des Lebens. Seither ist der Mensch ein Herdentier. Das Überleben ist meist nur in der Gemeinschaft, der eigenen Herde gesichert. Die Gemeinschaft gibt uns Menschen ein Gefühl von Sicherheit. Wer auf sich allein gestellt war, bezahlte dies schnell mit dem Leben. Das Bedürfnis dazu zu gehören ist daher tief in uns verankert. Auf den Teamalltag übertragen: Wer sich nicht zum Team zugehörig fühlt, ist schnell außen vor.
Als Führungskraft ist es daher zunehmend wichtig, als Beziehungsmanager zu agieren und die Absicht zu haben, ein Team mit einer guten Beziehung zueinander aufzubauen.
Es ist wichtig, dass sich jedes Teammitglied gleichwertig fühlt und das Gefühl hat, Teil des Teams zu sein, unabhängig davon, ob es vor Ort oder remote arbeitet.
Schauen wir uns einmal näher an, welche Faktoren dazu beitragen.
Frage nach persönlichem
Da in der hybriden Zusammenarbeit häufig eher per E-Mail als von Angesicht zu Angesicht kommuniziert wird, besteht die Gefahr, dass sich Führungskraft und Mitarbeitende hauptsächlich sachbezogen austauschen. Persönliche Fragen nach dem Befinden oder dem Vorankommen bei der Arbeit bleiben oft auf der Strecke und somit auch die Wertschätzung der Arbeit sowie der Person selbst. Hier ein paar Tipps:
- Bleiben Sie im direkten Kontakt mit Ihren Mitarbeitenden. Wenn möglich in Präsenz oder zumindest bei Videokonferenzen mit Webcam. Dies vermittelt Ihren Mitarbeitenden das Gefühl, Teil des Teams zu sein. Außerdem können Sie so auf individuelle Fragen oder Problemstellungen eingehen.
- Fragen Sie nach privaten Dingen, wie z. B. der Gesundheit der Kinder und nehmen Sie im nächsten Gespräch wieder Bezug darauf. Wenn Sie sich die Punkte nicht merken können, hat sich ein Führungstagebuch für Notizen bewährt.
- Ein Aufmerksamkeits-Tagebuch mit Strichliste, wie oft Sie mit welchen Mitarbeitenden diese Woche gesprochen haben, hilft, dass niemand übersehen wird.
Zufriedenheit erfragen
Im virtuellen Miteinander wird das Persönliche nur zu leicht dem Effizienzgedanken unterworfen. Die Stimmung frühzeitig zu spüren, ist aber wichtig, um rechtzeitig reagieren zu können. Hier wieder ein paar Tipps:
- Zum Start oder Ende eines Teammeetings alle Teilnehmenden ein Emoticon in den Chat posten lassen, das ihre momentane Stimmung ausdrückt und anschließend begründen lassen.
- In einer Austauschrunde fragen: Was war der Aufreger der Woche für jeden einzelnen von euch?
- In einer Austauschrunde jeden einzelnen befragen: Wie ist heute dein persönlicher Wetterbericht?
- Im persönlichen Gespräch nachfragen: Wie hoch ist gerade dein Stresslevel auf einer Skala von 1 bis 10, wenn 10 bedeutet „total gestresst“?
Daraufhin nachfragen: Woran machst du das fest?
Und dann weiter nachhaken: Wie kann ich dich unterstützen, um auf eine … (niedrigere Wertung) zu kommen?
Sich nahbar/menschlich zeigen
Wenn ich mich nahbar/menschlich zeige, dann tun es meine Mitarbeitenden meist auch.
Raum schaffen für Informelles
Auch Zeit für Smalltalk nehmen und nicht nur zweckgebundene Gespräche führen. Das ist der soziale Kleber, der Teams zusammenhält, z. B. zum Start oder Ende eines Teammeetings.
Rituale pflegen/einführen
Rituale werden in Unternehmen häufig unterschätzt. Dabei können sie Teams ganz wunderbar zusammenschweißen. Präsenzteams schaffen sich im Laufe ihrer Zusammenarbeit fast automatisch Rituale wie den „Ankommensplausch“, das feste gemeinsame Mittagessen oder das Feiern von Geburtstagen. Diese Rituale bieten Platz für Begegnungen sowie informellen Austausch. Sie sollten auf jeden Fall auch in der hybriden Arbeitswelt einen Platz finden, z. B. durch:
- Das gemeinsame Feiern von Geburtstagen, Jubiläen und Projekterfolgen.
- Willkommensrituale, wenn neue Mitarbeitende an Bord kommen, z. B. indem jede/r ein Bild/Video von sich mit Willkommensgruß schickt
- Abschiedsrituale, wenn Mitarbeitende das Unternehmen oder das Team verlassen.
Teamabende/Teamevents/Teamtage
Gemeinsame Erlebnisse zahlen immens darauf ein, das Gemeinschaftsgefühl zu stärken. Sie bieten die Möglichkeit, sich in einem neuen Umfeld zu begegnen und in einem neuen Kontext kennenzulernen. Teamevents fördern die Kommunikation, verringern die Wahrscheinlichkeit von Konflikten und stärken das Wir-Gefühl. Neben Klassikern wie Bowling oder Eisboßeln haben sich hier auch Escape Rooms bewährt.
Zusammenfassung
Ein hybrides Team zu führen kann eine Herausforderung sein, insbesondere wenn es darum geht, Nähe trotz Distanz zu schaffen. Doch es gibt einige hilfreiche Tipps und Vorgehensweisen, die Sie anwenden können, um sicherzustellen, dass Ihr Team auch auf Distanz gut zusammenarbeitet. Aus den vier Hauptfaktoren, um Mitarbeitende auch auf Distanz glücklich zu machen ist der Faktor Soziale Beziehung enorm wichtig, um Nähe zu fördern. Dazu gehört es mitunter, Mitarbeitende nach persönlichem zu fragen, die individuelle aktuelle Zufriedenheit in Erfahrung zu bringen, sich auch nahbar zu zeigen, Raum für informelle Kommunikation zu schaffen, Rituale zu pflegen und gemeinsame Erlebnisse auf Teamevents zu teilen.
Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei der Umsetzung.
Viele weitere Tipps & Tricks sowie Best Practices erhalten Sie in unserem Seminar „Hybride Teams führen“. Wir freuen uns auf den gemeinsamen Austausch mit Ihnen.
Fehlte Ihnen ein wichtiger Punkt in diesem Beitrag? Dann schreiben Sie uns gern an: Kontakt@kompetenztraining.de.
*1 Die Ergebnisse der Studie des KOFA „Herausforderungen und Chancen hybrider Arbeit“ von Filiz Koneberg, Judith Lehr, Susanne Seyda und Dirk Werner stammen aus einer im Herbst 2021 durchgeführten Online-Befragung, an der insgesamt 1.187 Unternehmen teilnahmen. Befragt wurden Personalverantwortliche aus HR-Management, Personalleitung oder Geschäftsführung. Die Stichprobe schließt Unternehmen der Industrie (einschließlich Bauwirtschaft) und aller Dienstleistungsbranchen ein.
* Die Ergebnisse der Studie der Ernst & Young GmbH „Jobstudie 2023“ von Jan-Rainer Hinz und Nathalie Mielke wurden im August 2023 veröffentlicht.