Bedienungsanleitung für mich selbst - ein wirkungsvoller Einstieg in Teamworkshops
Seit wir in unseren Teamworkshops die Methode „Bedienungsanleitung für mich selbst“ einsetzen, hat es sich als eines der wirkungsvollsten Werkzeuge erwiesen, um schnell und zielgerichtet einen Status zur Zufriedenheit der Teilnehmenden zu erheben, um Unzufriedenheiten in der Zusammenarbeit im Team aufzudecken, um erste Ansätze für konkrete Verbesserungsmöglichkeiten zu finden, das gegenseitige Verständnis zu stärken und das Team näher zusammenzubringen.
Die Methode eignet sich für viele Workshopthemen, wie z. B. Konfliktlösungs-Workshops, Workshops zur Optimierung der Zusammenarbeit und Kommunikation im Team, Workshops zur Einführung einer neuen Führungskraft, etc.
Die Methode „Bedienungsanleitung für mich selbst“ ist ein strukturierter Ansatz, bei dem sich die Teilnehmenden auf persönliche und gleichzeitig arbeitsrelevante Weise vorstellen. Jeder erstellt und teilt eine Art Anleitung, die beschreibt, wie die Zusammenarbeit mit ihm oder ihr am besten funktioniert.
Je nach Gruppengröße und Anzahl bzw. Länge der Diskussionen benötigt die Methode ca. 45 bis 90 Minuten. Da der Workshopleiter neutral zu den Gruppenmitgliedern stehen sollte und über ausreichend Erfahrung verfügen sollte, um an den richtigen Stellen nachzuhaken und ausufernde Diskussionen einzugrenzen, empfiehlt sich der Einsatz eines externen Workshopmoderators.
So funktioniert die Methode
Je nachdem wie viel Zeit im Workshop zur Verfügung steht und wie aufwendig die Vorbereitung sein soll bieten sich zwei unterschiedliche Vorgehensweisen an:
- Die Bedienungsanleitung als „Hausaufgabe“ vor dem Workshop zu versenden. ausfüllen und zurücksenden/mitbringen zu lassen, spart im Workshop Zeit und gibt den Teilnehmenden mehr Zeit, sich über die Antworten Gedanken zu machen. Allerdings besteht das Risiko, dass ein oder mehrere Teilnehmende vergessen das Blatt auszufüllen und dann im Workshop trotzdem Zeit für das Ausfüllen eingeräumt werden muss – verbunden mit einer Pause für die restlichen Kol-legen/innen. Aus unserer Erfahrung bietet das Format DIN A3 genügend Platz und ist „augenfreundlich“. Da Teilnehmende ggf. keinen A3 Drucker haben, findet der Ausdruck meist durch den/die Trainer/in statt.
- Die Bedienungsanleitung kann auch direkt im Workshop ausgefüllt werden. Die Teilnehmenden bekommen dann nach einer kurzen Erklärung 20 Minuten Zeit, um anhand der Leitfragen auf dem DIN A3 Blatt ihre persönliche Bedienungsanleitung zu erstellen. Dies kostet im Workshop natürlich wertvolle Zeit und die Teilnehmenden haben weniger Zeit, sich Gedanken zur Beantwortung der Fragen zu machen. Andererseits sind die spontanen Antworten meist ehrlicher als langfristig diplomatisch ausformulierte Antworten.
Ganz gleich, ob die Betriebsanleitung im Vorwege versendet wird oder direkt im Workshop ausgefüllt wird, sollte der Zweck der Methode kurz dargestellt werden: sich darüber bewusst zu werden „Was ist mir für die Zusammenarbeit wichtig?“ und „Was brauchen die anderen für eine gute Zusammenarbeit?“
Beispiele für solche Fragen sind (siehe auch beispielhafte Bedienungsanleitung):
- Das brauche ich, um gut zu arbeiten:
- So kommuniziere ich besonders gern:
- Das sind meine Stärken:
- Was könnte man bei mir missverstehen?
- Diese Werte sind mir wichtig:
- Darauf reagiere ich allergisch:
- Was solltest du beachten, wenn du mir Feedback geben möchtest?
- Was du sonst noch wissen solltest, um gut mit mir arbeiten zu können:
Galerierundgang
Danach werden die Bedienungsanleitungen offen an Pinnwänden oder den Wänden ausgehängt und die Gruppe erhält 15 Minuten Zeit, sich die Bedienungsanleitungen der Kollegen/Kolleginnen anzuschauen und Verständnisfragen zu klären.
Vorstellung in Gruppe
Aus Zeitgründen haben wir uns dafür entschieden, dass jede/r Teilnehmer/in nur einen Punkt von ihrer Bedienungsanleitung vorstellt, der ihr besonders wichtig für die Zusammenarbeit ist. Da die Bedienungsanleitungen zum Abschluss abfotografiert werden und die Dokumentation übernommen werden, können die Teilnehmenden die restlichen Antworten im Nachgang noch mal in Ruhe nachlesen. Der Fokus liegt darauf, bereits erste Diskussionen in Gang zu setzen und mögliche Unzufriedenheiten sowie Konfliktpotenziale in Erfahrung zu bringen.
Punkte, die auf die auf die Erreichung der Workshopziele einzahlen können entweder direkt nach der Vorstellung vertieft werden, da meist sowieso bereits eine Diskussion dazu entfacht ist oder im weiteren Workshopverlauf zur Klärung aufgenommen werden. Darauf aufbauend können z. B. „Regelungen für die Zusammenarbeit und Kommunikation“ erarbeitet werden.
Die Bedienungsanleitungen werden den Teilnehmenden dann im Nachgang zum detaillierten Nachlesen zur Verfügung gestellt.
Welche Vorteile bietet die Methode?
Die „Bedienungsanleitung für mich selbst“ ist weit mehr als eine kreative Alternative zur klassischen Vorstellungsrunde. Ihre Wirksamkeit zeigt sich gleich auf mehreren Ebenen:
- Tieferes Verständnis untereinander
Anstatt sich lediglich mit dem Namen, der Rolle und ein paar beruflichen Stationen vorzustellen, eröffnen die Teilnehmenden Einblicke in ihre individuellen Bedürfnisse, Vorlieben und Grenzen. Das schafft von Beginn an ein tieferes Verständnis füreinander, das weit über oberflächliche Informationen hinausgeht. Abgesehen davon, bieten die Antworten meist auch spannende Anknüpfungspunkte für den Austausch („Ach – du interessierst dich auch für …“?)
- Frühzeitige Identifikation von Spannungen und Konfliktpotenzialen
Indem die Teilnehmenden offen darüber sprechen, was sie in der Zusammenarbeit stört oder was ihnen besonders wichtig ist, können potenzielle Spannungsfelder frühzeitig erkannt werden. Das erlaubt es dem Team, mögliche Konflikte bewusst zu adressieren und Lösungen zu finden, bevor diese eskalieren.
- Fokus auf das Wesentliche in der Zusammenarbeit
Dadurch, dass jede/r Teilnehmer/in bei unserer Vorgehensweise nur das Thema vorstellen soll, was ihr besonders wichtig ist, hilft die Methode zu erkennen, was für diese Person für die tägliche Zusammenarbeit entscheidend ist.
- Förderung von Vertrauen und Offenheit
Das Teilen persönlicher Informationen in einem klar strukturierten und sicheren Rahmen fördert das Vertrauen innerhalb der Gruppe. Die Methode signalisiert: Hier darf ich ehrlich sein, und meine Bedürfnisse sind genauso wichtig wie die der anderen.
- Schnelle und spürbare Ergebnisse
Bereits während des Workshops wird deutlich, wie sich die Dynamik innerhalb der Gruppe verändert. Die Teilnehmenden lernen nicht nur sich selbst besser kennen, sondern auch, wie sie ihre Kollegen/innen unterstützen können. Das führt oft zu „Aha-Momenten“, die die Grundlage für eine langfristig verbesserte Zusammenarbeit schaffen.
Praxis-Tipps für die Umsetzung in Workshops
Damit die Methode „Bedienungsanleitung für mich selbst“ ihr volles Potenzial entfalten kann, gibt es ein paar Dinge, die Sie bei der Planung und Durchführung beachten sollten:
- Schaffen Sie einen sicheren Rahmen
Ein offener Austausch erfordert Vertrauen. Erklären Sie den Teilnehmenden, dass die Methode auf Freiwilligkeit basiert und jede/r selbst entscheidet, was er oder sie teilen möchte. Betonen Sie, dass es keine „richtigen“ oder „falschen“ Antworten gibt und dass das Ziel darin besteht, die Zusammenarbeit zu verbessern, nicht zu bewerten.
- Setzen Sie klare Leitfragen
Die Qualität der Bedienungsanleitungen hängt stark von den Fragen ab, die Sie stellen. Sorgen Sie dafür, dass die Fragen prägnant, leicht verständlich und auf die Arbeitswelt bezogen sind. Je nach Zielgruppe können Sie die Fragen anpassen, um die individuellen Bedürfnisse der Gruppe zu berücksichtigen.
- Ermöglichen Sie Austausch
Ermutigen Sie die Teilnehmenden, während der Vorstellungen aufmerksam zuzuhören und Rückfragen zu stellen. Dies fördert den Austausch und stellt sicher, dass die Informationen wirklich verstanden werden.
- Zeitmanagement beachten
Die Methode benötigt Zeit, vor allem in größeren Gruppen. Prüfen Sie genau, ob die jeweilige Diskussion gerade auf die Workshopziele „einzahlt“.
- Nachbereitung und Integration
Damit die Methode langfristig Wirkung zeigt, ist es wichtig, die Erkenntnisse in die weitere Zusammenarbeit einfließen zu lassen. Ermutigen Sie das Team, auf Basis der Bedienungsanleitungen gemeinsame Regeln oder Vereinbarungen für die Zusammenarbeit zu entwickeln.
Folgende weitere Fragen bieten ebenfalls spannende Erkenntnisse:
- Was können andere tun, um mich zu motivieren?
- Das wünsche ich mir vom Team:
- Wenn ich im Stress bin, dann…
- Zeiten, zu denen ich gerne arbeite
- Andere Dinge, die du über mich wissen solltest:
- Diese Aufgaben machen mir Freude:
- Das fällt mir schwer:
- So sieht mein optimaler Arbeitstag aus:
- Das gibt mir Energie:
- Das kostet mich Energie:
- Wann/in welchen Situationen freue ich mich über Rücksichtnahme?
- Das ist meine Superkraft:
- Für diese Themen brenne ich besonders:
Fazit aus der Praxis
Es ist beeindruckend zu sehen, wie schnell die Methode „Bedienungsanleitung für mich selbst“ zentrale Themen auf den Tisch bringt, die sonst unausgesprochen bleiben. Sie ist eine echte Abkürzung hin zu einer besseren Kommunikation und Zusammenarbeit im Team.
Oft berichten Teilnehmende bereits nach der Vorstellungsrunde, dass sie Dinge über ihre Kollegen/innen erfahren haben, die sie in Jahren der Zusammenarbeit nie gewusst hätten. Sätze wie „Das erklärt so viel!“ oder „Jetzt verstehe ich, warum wir manchmal aneinander vorbeireden.“ fallen regelmäßig.
In Teams, die bereits erste Spannungen oder Konflikte mitbringen, bietet die Methode eine neutrale Möglichkeit, unangenehme Themen anzusprechen, ohne dass sie eskalieren. Gleichzeitig ermöglicht sie es den Teilnehmenden, ihre Bedürfnisse klar und verständlich zu kommunizieren – etwas, das im Arbeitsalltag oft untergeht.
Über die Workshopergebnisse und -aktionen hinaus, ergeben sich für die teilnehmende Führungskraft so zudem spannende Einblicke in die Team-Dynamik und sie erhält konkrete Ansätze wie sie besser auf individuelle Bedürfnisse ihrer Teammitglieder eingehen kann.